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#karriere: Was hinter dem Erfolg von Influencer*innen steckt

Karriere mit Klicks

Influencerin beim Posten in sozialen Medien /freepik Bildmontage mit Emojis: Influencerin mit Smartphone vor einem Ringlicht beim Posten in sozialen Medien
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Wissenschaft und Politik

Ob auf Instagram, TikTok oder YouTube. Influencer*innen sind aus den sozialen Medien und damit aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Sie sind die neuen Stars und Sternchen der digitalen Welt und haben – wie der Name schon sagt – einen Einfluss auf ihr Publikum. Aber was macht Influencer*innen eigentlich erfolgreich? Lässt sich das „Phänomen Influencer“ wissenschaftlich erklären und welche Herausforderungen bringt der Beruf mit sich?

 

(lw) Kaum ein Berufsbild scheint so individuell, vielfältig und weitreichend wie das von Influencer*innen. Ganz gleich, ob es um Themenwahl, Content-Formate oder Plattformen geht – beim Aufbau einer eigenen Marke sind die Möglichkeiten nahezu grenzenlos. Eines jedoch haben alle gemeinsam: das Ziel, erfolgreich zu sein und Menschen mit ihren Inhalten zu erreichen. Doch was genau bedeutet „Erfolg“ in der Welt der Influencenden und wie lässt er sich überhaupt messen?

 

Erfolg durchs Folgen

 

Unter anderem wird Erfolg vor allem durch eine große Reichweite definiert, also wenn Influencer*innen auf einer oder mehreren Plattformen viele Follower*innen haben. Diese Reichweite entsteht, wenn sie Menschen durch bestimmte Eigenschaften und Handlungen, die sich in ihrem Content, ihrem Auftreten und ihrer Persönlichkeit widerspiegeln, begeistern.

Zur Erfolgsmessung werden neben der Reichweite aber auch andere Kennzahlen herangezogen, wie zum Beispiel die Anzahl der Views, also Aufrufe des Profils oder pro Post. Aber beispielsweise auch das Teilen, Swipen und Liken werden im Hintergrund erfasst und können als Erfolgskennzahl herangezogen werden.Darüber hinaus spielen Faktoren wie die Interaktionsrate, die Verweildauer der Nutzer*innen auf dem Kanal oder die Zahl der Kommentare eine Rolle. Natürlich sind aber auch personenbezogene Eigenschaften wie zum Beispiel Authentizität relevant, um erfolgreich zu sein.

Ebenso spielen Unternehmen bei der Erfolgsmessung von Influencer*innen eine große Rolle. Denn je mehr Reichweite und Ansehen ein Influencer oder eine Influencerin hat, umso wahrscheinlicher werden Unternehmen auf diese aufmerksam und bieten ihnen Werbedeals an. Das heißt, dass Influencer*innen mit ihrem Content Werbung für Produkte oder Leistungen eines Unternehmens machen und Geld dafür bekommen. Dieser Prozess nennt sich Influencer-Marketing und entscheidet als wichtige Einnahmequelle für Influencer*innen über ihren finanziellen Erfolg.

Insgesamt wird jedoch deutlich: Der Erfolg von Influencer*innen wird maßgeblich durch diejenigen beeinflusst, die deren Content konsumieren – also durch uns bzw. die Follower*innen.

 

Warum followen die Follower?

 

Dabei stellt sich jedoch die Frage: Warum konsumieren wir? Warum verfolgen wir das Leben wildfremder Menschen im Internet, folgen ihren Kaufempfehlungen, schauen zu, wie sie ihre Wohnungen aufräumen, lesen oder ihrem Beruf nachgehen und fühlen mit, wenn sie persönliche Probleme teilen? An dieser Stelle kommt die Wissenschaft ins Spiel – genauer gesagt die Psychologie. Denn das Phänomen, das den Erfolg von Influencer*innen ausmacht, ist längst zu einem spannenden Forschungsgegenstand geworden. 


Eine einfachere psychologische Erklärung für den „Influencer*innen-Hype“ ist die Suche nach sozialem Anschluss. Besonders junge Menschen verbringen viel Zeit auf sozialen Plattformen, wodurch ihr soziales Leben in der „Offline-Welt“ häufig leidet. Dies bestätigte eine Ende 2023 veröffentlichte Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI), die die Auswirkungen von Influencer-Marketing auf Kinder und Jugendliche untersuchte. Die Forscher*innen fanden heraus, dass insbesondere Jugendliche Influencer*innen als Vorbilder betrachten und in den sozialen Medien nach Zugehörigkeit suchen. Die Autor*innen der Studie betonten dabei gegenüber tagesschau.de, dass Jugendliche, die viel Zeit im Internet verbringen, zu einer besonders verletzlichen Gruppe werden, Influencende als Leitfiguren wahrnehmen und sich an deren Vorleben orientieren würden.


Alltag teilen schafft Nähe


Ein erforschter psychologischer Ansatz, der zu erklären versucht, warum wir uns von Menschen im Internet beeinflussen und inspirieren lassen, ist das Phänomen parasozialer Beziehungen bzw. parasozialer Interaktion. Ursprünglich wurden damit die einseitigen Bindungen von Fans zu Filmstars oder Prominenten aus Bereichen wie Sport oder Fernsehen bezeichnet. Diese Bindungen haben schon damals die Zugehörigkeit, Identität und das Verhalten der Bewundernden geprägt, wobei Faktoren wie Sympathie, Attraktivität oder wahrgenommene Ähnlichkeit eine Rolle spielen. In Zeiten von Social Media hat sich dieses Phänomen jedoch zunehmend in den digitalen Raum verlagert, wodurch besonders Influencer*innen durch die scheinbar persönliche Nähe zu ihrer Community zum Gegenstand solcher Bindungen werden.


Im Interview mit der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) hob Zoe Olbermann, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Mensch-Computer-Medien der Universität Würzburg, hervor, dass parasoziale Beziehungen besonders dann entstehen, wenn Influencer*innen Einblicke in ihren Alltag geben und durch ihr Leben mitnehmen. Durch das Teilen persönlicher Informationen, wie Urlaubsreisen, Essgewohnheiten oder Interessen, entstehe beim Publikum der Eindruck, die Person wirklich zu kennen. Laut Olbermann führe diese ständige digitale Nähe zu einem Gefühl von Vertrautheit und Intimität, sodass viele Nutzer*innen das Gefühl entwickeln, mit der betreffenden Person befreundet zu sein. Das heißt, sie bauen eine emotionale Verbundenheit und Vertrautheit zu Personen auf, die sie gar nicht persönlich kennen, sondern ausschließlich über digitale Inhalte wahrnehmen.


Die Sozialpsychologin Johanna Degen verdeutlichte in einem Beitrag zum Thema im Deutschlandfunk, dass sich Menschen durch diese digitalen Beziehungen auch über das Internet „beruhigen“ würden, da sich damit das Gefühl von Einsamkeit verringere. So zeigt sich, dass parasoziale Beziehungen bestimmte soziale und emotionale Bedürfnisse befriedigen, insbesondere aber das Bedürfnis nach Zugehörigkeit und Nähe.

 

Soziale Bedürfnisse sind entscheidend



Dieses Verhalten, also das Suchen nach sozialer Bedürfnisbefriedigung im digitalen Raum, wird auch vom Uses-and-Gratifications-Ansatz, zu deutsch Nutzen-und-Belohnungsansatz, untermauert. Das medienpsychologische Modell beruht auf der Annahme, dass Nutzer*innen sozialer Medien den Content, den sie konsumieren, gezielt nach sozialen und psychologischen Motiven auswählen. Die Social-Media-Nutzer*innen befriedigen also durch den Konsum von Inhalten und das Verfolgen des Lebens von Persönlichkeiten der digitalen Welt verschiedene, insbesondere soziale, Bedürfnisse.
Gleichzeitig darf jedoch nicht vergessen werden, dass für diesen Konsum und die daran gekoppelten Dynamiken viel Aufwand betrieben wird. Denn auch wenn das Teilen, Darstellen und Posten zum Berufsalltag von Influencer*innen gehört, erfordert es eine erhebliche Leistung, um die Aufmerksamkeit des Publikums zu gewinnen und sichtbar zu bleiben. Mit ihren vermeintlich spannenden und perfekten Leben ziehen sie dabei viele in ihren Bann. Doch ob diese tatsächlich so aufregend und positiv sind, wie sie erscheinen, ist fraglich.

 

Nicht alles Gold, was glänzt

 

Wie eine in diesem Jahr veröffentlichte Studie der EBS Universität für Wirtschaft und Recht offenbart, trügt häufig der Schein. Nicht selten würden Influencer*innen unter psychischer Belastung oder Identitätsproblemen leiden, die durch ihren Beruf verursacht werden. Eine zentrale Erkenntnis der Studie zeigt, dass insbesondere eine große Reichweite oft als Bürde empfunden wird: Denn sie erhöhe den persönlichen Druck einer dauerhaften Präsenz, was zu Einschränkungen führen würde. Grund dafür sei unter anderem die „Angst, den Erwartungen der Community nicht mehr zu genügen“. Dadurch würde die Freiheit mit zunehmender Reichweite sinken.

Prof. Dr. Franziska Krause, eine der Studienautorinnen und Professorin für Marketing & Customer Insight an der EBS Universität, erklärt dazu in der Pressemitteilung zur Studie: Der Beruf der Influencenden lasse sich nicht lediglich als eine einfache Tätigkeit darstellen, sondern als ein vielschichtiges, dynamisches Berufsfeld, das von Widersprüchen und persönlichen Spannungsfeldern geprägt sei.

Mittlerweile passiert es auch immer wieder, dass Influencer*innen bewusste Pausen einlegen, sich für Monate zurückziehen oder sich beruflich ganz neu orientieren und dafür das Influencer*innen-Dasein an den Nagel hängen. Die 22-jährige ehemalige Influencerin Evelyn Ramli ist diesen Schritt gegangen und arbeitet inzwischen als Marketingspezialistin. In einem Interview mit Business Insider beschreibt sie, dass ihre Tätigkeit zunehmend von Werbekooperationen und der Jagd nach Klickzahlen, Followern und Marken geprägt gewesen sei. Der wachsende Leistungsdruck und die ständige Selbstinszenierung führten dazu, dass sie sich immer weiter von ihrem authentischen Selbst entfernte. Das veranlasste sie schließlich dazu, Abstand von ihrer Online-Präsenz zu nehmen.

Trotz allem gibt es immer wieder authentische Erfolgsgeschichten im digitalen Business. Wer trotz der starken Belastungen erfolgreich in der Branche bestehen will, braucht mehr als nur ein Gespür für Trends oder eine hohe Reichweite. Welche Fähigkeiten und persönlichen Eigenschaften dafür entscheidend sind, zeigt ein Blick auf die Anforderungen des Berufs.

 

Mehr als nur Selbstdarstellung

 

Erfolgreich werden Influencer*innen nicht von heute auf morgen. Jedoch gibt es Fähigkeiten, die sinnvoll sind und eine digitale Karriere erleichtern. Dazu gehören unter anderem Kreativität für die Gestaltung der Inhalte, Selbstsicherheit und Authentizität, um die breiten Massen begeistern zu können. Zudem sorgt Selbstdisziplin dafür, am Ball zu bleiben. Und technisches und mediales Verständnis sind nötig, um Content produzieren und die Mechanismen sozialer Medien verstehen zu können.

Wer sich auf der digitalen Bühne nicht verlieren will, sollte sich selbst gut genug kennen, lässt sich aus Studien und Erkenntnissen ehemaliger Influencer*innen schließen.

Erfolg im Netz bedeutet nicht nur Reichweite, sondern auch die Fähigkeit, sich abzugrenzen, mit Druck umzugehen und die eigene Authentizität zu bewahren.

 

Zwischen Schein und Sein

 

Der Blick hinter die Kulissen zeigt: Das Influencer*innen-Dasein ist weit mehr als ein moderner Traumberuf. Es ist ein komplexes und vielschichtiges Berufsfeld. Erfolg bemisst sich nicht nur über Reichweite, Likes oder Werbedeals, sondern hängt ebenso von Persönlichkeit und emotionaler Belastbarkeit ab.
Die Forschung befasst sich zunehmend mit den Phänomenen rund um die digitale Karriere als Influencer*in und erfasst unstreitbar nicht nur Erfreuliches.
Wer langfristig erfolgreich sein will, braucht mehr als kreative Ideen und technisches Know-how, um die Herausforderungen der digitalen Öffentlichkeit zu meistern.
Letztlich zeigt sich, dass Influencer*innen zu sein weit mehr bedeutet als Likes zu sammeln und Follower*innen anzuziehen. Es erfordert Persönlichkeit, Strategie und ein Bewusstsein für die eigene Rolle. Und das ist es, was den Beruf sowohl faszinierend als auch herausfordernd macht.

 


Autorin: Lara Wachter schloss im Oktober 2024 ihr duales Bachelorstudium in BWL mit dem Schwerpunkt Personalmanagement ab und entschied sich, ihr Interesse für den Journalismus in Form eines weiteren Studiums beruflich zu verfolgen. Seit April 2025 ist sie als Werkstudentin in der Projektorganisation des Instituts für Talententwicklung tätig und schreibt nebenbei für das vocatium Magazin.

 

Quellen:

 

Europa-Universität Flensburg: „Parasoziale Beziehungen“; online: https://www.uni-flensburg.de/psychologie/forschungpresse/forschungsprojekte/laufende-projekte/parasoziale-beziehungen#:~:text=Der%20Begriff%20der%20Parasozialität%20wurde,und%20spezifische%20Weise.... 

Deutschlandfunk Kultur: „Parasoziale Beziehungen: Was Social Media mit unserem Sozialleben macht“, 02.06.2024; online: https://www.deutschlandfunkkultur.de/parasoziale-beziehungen-100.html#:~:text=für%20einen%20da.-,Welche%20Auswirkungen%20hat%20das?,sich%20über%20das%20Internet%20kennengelernt. 

ESB Universität für Wirtschaft und Recht: „Neue ESB-Studie: Das Influencer-Dilemma“, 24.06.2025; online: https://www.ebs.edu/neue-ebs-studie-das-influencer-dilemma 

Business-Insider: „Ich war Influencerin und habe gut verdient. Warum ich trotzdem in einem Bürojob nochmal neu angefangen habe“, von Tess Martinelli, 30.09.2025; online: https://www.businessinsider.de/karriere/karriere-events- geld-gratisprodukte-warum-sie-das-influencer-leben-trotzdem-hinter-sich-liess/ 

kfEducation: „Die Faszination für Influencer:innen und ihre Geschichten“, von Elisabeth Stiebritz, 05.07.2022; online: https://kf-education.com/influencerinnen-und-ihre-geschichten/ 

tagesschau.de: Influencer Marketing – Werbung als scheinbar persönliche Empfehlung“, von Till Brücker, 24.02.2024; online: https://www.tagesschau.de/wirtschaft/marketing-werbung-influencer-konsum-100.html 

Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI): „Kritischer Konsum wegen Social-Media-Influencern: Politische Maßnahmen zum Schutz von Jugendlichen nötig“, 24.01.2024; online: https://www.isi.fraunhofer.de/de/presse/2024/presseinfo-03-social-media-influencer-marketing-jugendliche-kritischer-konsum-schutz-noetig.html 

Bundeszentrale für politische Bildung (bpb): „ Parasoziale Beziehungen: Wenn Freundschaft zur Illusion wird“, 05.04.2024; online: https://www.bpb.de/lernen/digitale-bildung/werkstatt/546934/parasoziale-beziehungen-wenn-freundschaft-zur-illusion-wird/ 

Stark, Birgit & Schneiders, Pascal. (2022). Uses and Gratifications Research: von Elihu Katz, Jay G. Blumler, und Michael Gurevitch (1973). In: R. Spiller et al. (Hrsg.), Schlüsselwerke: Theorien (in) der Kommunikationswissenschaft, https://doi.org/10.1007/978-3-658-37354-2_4 

Spörl-Wang, K., Krause, F., Henkel, S. (2025): A life cycle framework of social media influencers and the influencer’ dilemma, Journal of Business Research, Volume 199, Online:  https://doi.org/10.1016/j.jbusres.2025.115459 


Finom: „Influencer werden: so geht’s“ 16.09.2024, von Ursula Meyer; online: https://finom.co/de-de/blog/influencer-werden/?utm_source=google&utm_medium=cpc&utm_campaign=performancemax-tofu-banking-common-de-germany-14815875053&utm_content=cid%7C14815875053%7Cgid%7C%7Caid%7C%7Cphr%7C%7Crt%7C%7Cdvc%7Cc%7Cpos%7C%7Cmch%7C%7Csrc%7C%7Creg%7C9115007%7Crin%7C&utm_term=&gad_source=1&gad_campaignid=23208912226&gbraid=0AAAAACrSYeM4-WnalxKP2R8KAZ8VhHtv2&gclid=EAIaIQobChMI78KNoMbWkAMVf2ZHAR24QQvVEAAYAiAAEgIxLfD_BwE 

Springer Professional: „Erfolgsmessung im Influencer-Marketing“, 25.10.2021, von Boris Mayer; online: https://www.springerprofessional.de/influencer-marketing/digitales-marketing/erfolgsmessung-im-influencer-marketing/19770364 

 

 

11.11.2025