Der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) hat jüngst in einer bemerkenswerten Pressemitteilung die Aktivitäten von Fridays for Future begrüßt und darauf aufmerksam gemacht, daß die Umweltbedingungen direkte Auswirkungen auf die psychische Gesundheit der Menschen hat. Unter dem Stichwort "ecological grief" (Ökologische Trauer) wird die psychologische Reaktion auf die Zerstörung der Biosphäre subsummiert. Vor diesem Hintergrund sieht der BDP das Engagement für den Klimaschutz auch als psychohygienische Aktivität, die dazu beitragen könne, "Ängste und klimabezogene Stressreaktionen" zu reduzieren.
(ps) Der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) hat jüngst in einer bemerkenswerten Pressemitteilung die Aktivitäten von Fridays for Future begrüßt und darauf aufmerksam gemacht, daß die Umweltbedingungen direkte Auswirkungen auf die psychische Gesundheit der Menschen hat. Unter dem Stichwort "ecological grief" (Ökologische Trauer) wird die psychologische Reaktion auf die Zerstörung der Biosphäre subsummiert. Vor diesem Hintergrund sieht der BDP das Engagement für den Klimaschutz auch als psychohygienische Aktivität, die dazu beitragen könne, "Ängste und klimabezogene Stressreaktionen" zu reduzieren.
Die Tatsache, daß sich das Klima durch menschliche Aktivitäten wandelt, ist seit den 1960er Jahren bekannt. Man ließ sich jedoch bis 1992 Zeit, um das Thema zu diskutieren. Der renommierte Klimaforscher Prof. Mojib Latif hielt dazu 2018 in einem Interview mit der "Welt" lakonisch fest, daß seit dem Erdgipfel von Rio de Janeiro 1992, dem "Startschuss für den internationalen Klimaschutz", der "weltweite CO2-Ausstoß um 60 Prozent gestiegen" sei – "da frage ich mich schon, was die Länder in den Jahren eigentlich gemacht haben. Und der Ausstoß von Treibhausgasen nimmt weiter zu. Das stimmt mich pessimistisch, dass wir noch die Kurve kriegen. De facto gibt es keinen Klimaschutz, weder weltweit noch in Deutschland."
Was Latif pessimistisch stimmt, bringt manche seiner Kolleg*innen sogar zum weinen. Bereits 2015 veröffentlichte ebenfalls die "Welt" einen umfänglichen Artikel, in dem das Leiden derer portraitiert wird, die all die "Hiobsbotschaften" erforschen und verbreiten müssen, die keiner hören will. Die Autorin stellt die Frage: "Was tun, wenn die eigene Arbeit den nahenden Weltuntergang dokumentiert?" Es wird von der "ergrauten" Stanford-Professorin Terry Root berichtet, die zuweilen Probleme habe, morgens aufzustehen und für ihre Forschungen von allen Seiten angefeindet wird. Es fällt der Begriff "prä-traumatische Belastungsstörung". Root bekommt in dem Artikel auch das letzte Wort: "Ich hatte immer geglaubt, dass die Tatsachen und die Wahrheit am Ende siegen würden. Dann wurde mir klar: Das ist nicht der Fall."
Mit diesen Tatsachen, die selbst die Forschenden mitunter überfordern, müssen nun die Menschen leben und die Jugend muß mit ihnen groß werden. Der BDP spricht von einer "epochale Krise." Dabei fallen die Reaktionen auf den Klimawandel disparat aus. Während die eine im Fernsehen bockig erklärt, daß ihr das alles egal sei und sie aus Überzeugung mit dem SUV zum Bäcker fährt, berichtet eine andere, eine Psychologin, davon, daß sie E-Mails von im Angesicht der Klimakatastrophe selbstmordgefährdeten jungen Menschen erreichen. Auf dem Jahreskongress 2020 der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie war dann auch ein großes Thema, was der Klimawandel mit der Psyche macht. Klar ist lediglich, daß es sich um ein Problem bislang ungekannter Dimension handelt.
"Sowas wie Waldsterben oder andere ökologische Krisen, die gab's ja vorher auch schon. Sowas wie Klimawandel ist aber qualitativ was Neues, weil es uns vor so umfassende Veränderungen, so umfassende Bedrohungen stellt, wenn wir nicht agieren, dass das eine ganz neue Qualität an Sorge annehmen kann," erläutert Gerhard Reese, Professor für Umweltpsychologie an der Universität Koblenz/Landau im "Deutschlandfunk Kultur". Vor diesem Hintergrund betont der BDP: "Aus psychologischer Sicht ist ein aktives Anpacken von Problemen deutlich hilfreicher als das Ignorieren oder die alleinige Verschiebung von Verantwortung an andere, z. B. die Politik. Gerade bei einem für viele Menschen lebensbedrohlichen Thema wie der fortschreitenden Erderhitzung ist das Engagement an politischen und gesellschaftlichen Aktionen auch für die psychische Gesundheit sehr hilfreich und wichtig."
Julia Scharnhorst, Vorsitzende der Sektion Gesundheits-, Umwelt- und Schriftpsychologie im BDP, beton ferner, sie gehe davon aus, "dass Schülerinnen und Schüler durch ihre Teilnahme an Protesten für wirksamen Klimaschutz deutlich intensiver lernen als an normalen Schultagen. Hier werden politisches Engagement, Zusammenarbeit mit anderen, Sozialkompetenz, Organisation von Veranstaltungen und Medienkompetenz realitätsnäher erprobt und geübt als in üblichen Unterrichtsstunden oder Projektwochen."
Quellen:
https://www.presseportal.de/pm/115161/5031810
https://www.dgppn.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilungen-2020/kongresseroeffnung.html
https://www.dw.com/de/die-klimakrise-das-ende-der-zivilisation/a-57463706