Wer ein Studium anfängt, muss dafür häufig Heimat und Kinderzimmer hinter sich lassen und in eine andere Stadt ziehen. Doch Wohnungen und WG-Zimmer werden immer teurer und fressen das ohnehin schon knappe Geld der Studierenden.
(ps) Es ist beileibe nichts Neues: Studierende, die knapp bei Kasse sind. Praktisch seit es Studierende gibt, gibt es auch die Frage, wie das finanziert werden soll. Wer nicht gerade das Glück hat aus einer wohlhabenden Familie zu kommen, muss sich das Studium auch außerhalb der Hörsäle buchstäblich hart erarbeiten. Doch diese Aufgabe wird zunehmend schwieriger: schon seit diversen Jahren steigen die Mietkosten rasant an, in aller Regel schneller als die Löhne und die Inflation. Hinzu kommt, dass gerade in Unistädten die Wohnungsmärkte besonders angespannt sind. Es gibt zu wenige Wohnheimplätze, zu wenig sozialen Wohnungsbau. Und zu viele Studierende konkurrieren dann mit den Einheimischen, die ja nun auch wohnen wollen, um den raren bezahlbaren Wohnraum.
Wohnkosten explodieren: 62 % überbelastet
Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) nun mitteilt, verfügen 2024 die Hälfte der Studierenden mit eigener Haushaltsführung über weniger als 930 Euro im Monat. Von diesem ohnehin geringen Einkommen – bei den Auszubildenden liegt der analoge Schwellenwert bei 1.278 Euro – gehen dann „durchschnittlich 54 % des verfügbaren Haushaltseinkommens“ für die Miete ab, wie Destatis weiter berichtet. Dieser Wert sei „sehr hoch“ und liege „deutlich“ über der „Wohnkostenbelastung der Gesamtbevölkerung, die im Schnitt bei knapp 25 % lag.“
Tatsächlich gelten durchschnittlich 62 Prozent der Studierendenhaushalte als „überbelastet durch Wohnkosten.“ Hierzu erläutert Destatis: „Liegt die Wohnkostenbelastung auch nach Abzug erhaltener wohnungsbezogener Transferleistungen noch bei mehr als 40 %, gelten Haushalte als überbelastet.“ Bei alleinlebenden Studierenden waren sogar 64 Prozent der Haushalte überbelastet. Zwar kommen Studierende mit WG-Zimmer besser weg – hier waren 34 Prozent überbelastet –, doch auch dies liegt deutlich über dem Durchschnitt der Gesamtbevölkerung von 12 Prozent mietüberbelasteter Haushalte.
BAföG erreicht zu wenige mit zu wenig
Zwar gibt es mit dem BAföG ein Instrument zur Unterstützung der Studierenden – doch die Auflagen sind streng und viele Studierende, die Hilfe dringend nötig hätten, werden nicht erreicht. Laut Paritätischem Wohlfahrtsverband seien 36 Prozent der Studierenden von Armut betroffen, aber lediglich 12 Prozent der Studierenden erhalten BAföG. Mehr noch: „Selbst diejenigen, die den BAföG-Höchstsatz von 992 Euro erhalten, liegen unter der Armutsgrenze,“ sagt Joachim Rock vom Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband gegenüber der Tagesschau. In einer Mitteilung des Verbandes wird zudem konstatiert, dass „von den allein- oder in WGs lebenden Studierenden […] sogar vier von fünf Studierende arm (80,2 Prozent)“ seien. Zwar wurden die Leistungen des BAföG erst zum Wintersemester 2024/25 erhöht, im Ergebnis gab es aber lediglich 20 Euro mehr für die Wohnkostenpauschale, die nun 380 Euro beträgt.
Auch das große Immobilienportal immowelt hat Zahlen zu den Mietkosten vorgelegt und kommt zu ähnlichen Ergebnissen: „Die [BAföG-]Wohnpauschale von 380 Euro ist in 50 von 68 Hochschulstädten nicht genug, um die Kaltmiete zu bezahlen - in München ist die Durchschnittsmiete beinahe doppelt so hoch,“ teilt das Unternehmen mit. Piet Derriks, Geschäftsführer von immowelt, erläutert: „Die Erhöhung der Bafög-Förderung ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung, aber nach wie vor nicht hoch genug, um die steigenden Wohnkosten zu decken. Besonders, da nicht jeder Student den vollen Höchstsatz bekommt. Viele junge Menschen müssen daher neben dem zeitaufwendigen Studium arbeiten gehen oder auf finanzielle Unterstützung der Eltern hoffen.“ In den teuersten Unistädten erreichen die reinen Mietkosten bis zu 73 Prozent des BAföG-Höchstsatzes, etwa in München. Dort kann man mit den zusätzlichen 20 Euro der Wohnkostenpauschale – mit Glück – einen einzigen Quadratmeter (Kaltmiete) finanzieren. Aber auch in kleineren Unistädten wie Konstanz, Tübingen oder Mainz sehe die Lage kaum besser aus.
Zudem sind Studium und Nebenjob oft allein schon zeitlich schlecht miteinander vereinbar, von der Doppelbelastung ganz abgesehen. So steigt die Armutsquote unter Studierenden weiter, und neben Mietkosten steigen auch etwa die Preise für Lebensmittel – um ca. 35 Prozent zwischen 2020 und 2025 – und viele andere Dinge des täglichen Bedarfs. Vor diesem Hintergrund „befürchtet das Deutsche Studierendenwerk, dass die Zahl der Studienabbrecher steigt,“ wie der MDR berichtet. Hierzu betont auch der Armutsforscher Christoph Butterwegge: „Es kann nicht im Sinne der Gesellschaft sein, dass junge Menschen, die eigentlich das Zeug dazu haben, einen akademischen Abschluss zu machen, aus finanziellen Gründen nicht in der Lage sind, ein Studium abzuschließen.“
Quellen:
Destatis: „Studierendenhaushalte geben im Schnitt 53 % des Einkommens für Wohnkosten aus“, PM Nr. N045 vom 27.08.2025; online: www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2025/08/PD25_N045_63.html
Destatis: „Verbraucherpreisindex - Preisentwicklung für Nahrungsmittel - Januar 2020 bis Juni 2025“; online: www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Preise/Verbraucherpreisindex/Tabellen/sonderauswertung-nahrungsmittel.html
Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband: „Paritätische Kurzexpertise belegt hohe Armutsbetroffenheit von Studierenden und eine hohe Wohnkostenüberlastung“, o.A., 04.06.2024; online: https://www.der-paritaetische.de/alle-meldungen/paritaetische-kurzexpertise-belegt-hohe-armutsbetroffenheit-von-studierenden-und-eine-hohe-wohnkostenueberlastung/
Immowelt: „Trotz Bafög-Erhöhung: Wohnpauschale reicht in fast allen Hochschulstädten nicht für die Kaltmiete einer Studentenbude“, o.A., 14.08.2024; online: www.presseportal.de/pm/24964/5843137
MDR: „Mehr Studienabbrecher wegen Armut befürchtet“, Max Beuthner, 12.10.2024; online: www.mdr.de/nachrichten/deutschland/gesellschaft/armut-studierende-semesterbeginn-universitaet-hochschule-100.html
Tagesschau: „Wenn das BAföG nicht zum Leben reicht“, Susanne Delonge, 19.01.2025; online: www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/studierende-bafoeg-100.html
27.08.2025, ergänzt am 28.08.2025