prompt – copy – paste. Das ist heutzutage die Entstehungsgeschichte vieler Hausarbeiten, Referate und Ausarbeitungen. Noch nicht lange stehen Studierenden Tools zur Verfügung, die allwissend zu sein scheinen und das Studierendenleben so nachhaltig beeinflussen wie ChatGPT und Co. Ich habe den Übergang vom Pauken zum Prompten hautnah miterlebt und kann nun aus meiner persönlichen Erfahrung berichten, was es heißt, in Zeiten von künstlicher Intelligenz zu studieren.
Als ich 2021 mit meinem dualen BWL-Studium an der iba München anfing, war künstliche Intelligenz für mich nicht wirklich ein Thema. In den Nachrichten wurde zwar davon berichtet, wir machten uns Gedanken dazu, diskutierten in Vorlesungen über zukünftige Entwicklungen, aber wirklich betroffen war man davon nicht. Für mich war KI – Informatiker/innen, bitte kurz weghören – einfach nur so ein „Technik-Thema“. Entsprechend hielt sich meine Begeisterung stark in Grenzen. Außerdem sah ich keinerlei Bezugspunkte zu meinem Leben, was sich jedoch bald ändern sollte. Denn wie ich nicht viel später lernte, ist KI sehr viel mehr als „nur Technik“ und nimmt seither einen ziemlich großen Platz in meinem Leben als Studentin ein.
Und dann kam ChatGPT
Mit der Veröffentlichung der ersten kostenlosen Version von ChatGPT Ende November 2022 ging ein digitales Raunen durch die Hochschulen. Ich saß oft in den hinteren Reihen der Vorlesungsräume, was mir einen perfekten Ausblick auf all das bot, was die Mitstudierenden so trieben: Zwischen Fußballübertragungen, Mitschriften und Chatverläufen konnte ich zunehmend beobachten, wie ChatGPT die Bildschirme füllte, sobald eine Frage gestellt wurde. Bis dato war ich misstrauisch und hatte nicht das Bedürfnis, mir ein eigenes Bild davon zu machen: ein kostenloses Tool, das mir Fragen beantwortet, Aufgaben löst und Informationen strukturiert zusammenstellt – das klang verrückt. Trotz allem gewann letztlich die Neugier und damit war ich Teil des KI-Strudels.
Anfangs stellte ich einfache Fragen: „Nenne mir Synonyme für …“ oder „Fehlt im folgenden Satz ein Komma…?“. Nach und nach wurden mir jedoch all die Möglichkeiten bewusst, die mir ChatGPT bot. Manche meiner Mitstudierenden nutzten das Tool bereits, indem sie komplette Aufgabenstellungen einfügten und die Lösung einfach übernahmen. Ich persönlich nehme mich da gar nicht aus, ich habe es ebenso ausprobiert. Nur leider – oder zum Glück – hatte ich schon immer das Gefühl, etwas nicht richtig gemacht zu haben, wenn es leicht geht und mit wenig Aufwand verbunden ist. Und das war hier definitiv der Fall. Also recherchierte ich immer zusätzlich und wie ich schnell bemerkte, ließ sich über die Qualität der vorgeschlagenen Antworten streiten. Aber allein die Option, sich so Zeit und anstrengendes Recherchieren und Erarbeiten zu sparen, war und ist für viele eine verlockende Vorstellung.
Doch bei all dem ging es immer noch um Aufgaben aus den Vorlesungen. Übungen, bei denen reines Googlen auch schon weiter geholfen hätte. Zu diesem Zeitpunkt standen Prüfungen, Abgaben und Vorträge, bei denen Benotung ins Spiel kommt, noch nicht im Raum. Diese kamen jedoch – wie so oft – schneller als erwartet und konkrete Regelungen für den Umgang mit KI im Studium waren noch Fehlanzeige. Und ab dann stellte sich die Frage: Was jetzt?
Zwischen Unsicherheit und Regelwerk
Und das fragten sich nicht nur die Studierenden, sondern auch die Hochschulen selbst: Prof. Dr. Julian Molina, KI-Berater für den Bereich Lehre an der internationalen Berufsakademie iba und wissenschaftlicher Studienortleiter der iba München, erlebte den KI-Boom aus Sicht der Hochschulen, für die die Entwicklung ebenso unerwartet auftrat. Plötzlich setzte sich die Beantwortung solcher Fragen ganz oben auf deren Agenda.
Er erinnert sich, dass die Hochschulen im anfänglichen Umgang mit KI durch fehlende landesübergreifende Leitlinien und Erfahrungswerte, komplett auf sich allein gestellt waren. Die iba habe jedoch früh reagiert: Sie war „eine der ersten Bildungseinrichtungen, die sich klar positioniert und für den transparenten Einsatz von KI-Tools in der Lehre stark gemacht hat – ohne Verbote und mit Betonung der Selbstverantwortung der Studierenden“, so Molina. Daher sei auch die KI-Richtlinie der dualen Hochschule nicht so umfangreich wie die vieler anderer, weil sie den Umgang nicht bis ins kleinste Detail regelt, sondern auf den „reflektierten Einsatz von KI im Lehr- und Lernbetrieb“ setzt.
Für mich als Studentin der iba war das ein Vorteil, da ich die Freiheit hatte, KI zu nutzen und somit den reflektierten Umgang erlernen konnte, ganz im Gegenteil zu Studierenden manch anderer Hochschulen: Dort stand man KI mit absoluten Ablehnung gegenüber und verbot es teils sogar, ähnlich wie bei der Einführung von Taschenrechnern in den 1980er Jahren, wie Professor Molina den Vergleich zieht.
Die Nutzung an der iba war nicht geprägt von Verboten und Einschränkungen. Die Hauptaussage der Vorgaben für uns Studierende lag darin: Wer KI einsetzt, muss es ausweisen. Wir selbst sind verantwortlich für die Richtigkeit und angehalten die Nutzung zu reflektieren. Das plötzliche Dasein der KI wurde so zu einer schrittweisen Integration in alle Bereiche des Studiums. Von Seiten der iba war laut Prof. Dr. Molina zudem klar: „Wer Selbstverantwortung im Umgang mit KI einfordert, muss auch Hilfestellung bieten“, weshalb eine breite Auswahl an Lernoptionen angeboten wurden, die den Umgang mit KI-Tools schulen und unterstützen sollten.
Diese Unterstützung kam mir spätestens dann zugute, als es an die entscheidende Phase meines Studiums ging: die Bachelorarbeit. Auch hier war KI nun – ob bei der Formulierung der Gliederungspunkte, Recherchetipps oder dem Zusammenfassen von Quellen – auch Teil des Prozesses. Natürlich ersetzte ChatGPT nicht das Denken und die Umsetzung, aber es erleichterte viele Schritte. Wichtig war mir dabei aber immer: Die Verantwortung für Inhalt und Qualität lag am Ende bei mir.
Neustart mit Lern-KI
Mit dem erfolgreichen Abschluss meines Studiums und den Erfahrungen im Umgang mit KI war das Thema aber nicht beendet. Nach einigen Monaten Vollzeitjob, dem Wunsch nach Veränderung und dem Abwägen verschiedener Möglichkeiten war klar, dass ich nochmal studieren werde. Ich wollte mein lang gehegtes Interesse für Medien und Journalismus auch beruflich verfolgen. Und so startete die Recherche nach geeigneten Studiengängen und Hochschulen, wobei die Wahl aufgrund meines Wunsches nach einem Fernstudium zügig getroffen war. Dabei fielen mir bereits auf der Webseite meiner dann zukünftigen Hochschule die Präsenz von KI-Tools und Chatbots ins Auge. Dort schrie förmlich alles nach Digitalisierung, Flexibilität im Einklang mit KI. Und auch auf dem digitalen Campus, blieb man sich diesbezüglich treu.
So startete ich komplett digital in die nächste Runde meiner Bildungsreise. Nicht nur, dass das Fernstudium an sich schon eine komplett andere digitale Erfahrung bedeutete. Nein, ich studierte von nun an an der Internationalen Hochschule IU, Deutschlands erster Hochschule, die eigens für ihre Studierenden eine Lern-KI entwickelt hat, um Fragen zu Inhalten schnell und flexibel beantworten zu können. Aber nicht nur das. Die Lern-KI Syntea bietet ein breites Spektrum an Lernhilfen, wie Zusammenfassungen, Lerndialoge und Quizfragen. Da war mir noch nicht klar, was dies für meinen zukünftigen Lernprozess bedeuten würde, der bisher aus dem Erarbeiten von Lernblättern mit den gesammelten Informationen aus Skript, Notizen und weiteren Materialien aus den Vorlesungen bestand.
Ich begann deshalb die ersten Kurse meines neuen Studiums mit einer Haltung à la „Ich muss das ja alles zum Glück nicht nutzen“ und „Ich lerne so, wie ich immer gelernt habe“. Weit gefehlt. Mir waren die Vorteile definitiv nicht bewusst, die eine solche Lern-KI mit sich bringen, bis ich es ausprobierte. Ich war überrascht, denn plötzlich ging alles wie von selbst: Ich arbeitete das Skript durch, schrieb meine Zusammenfassung und ließ mir von Syntea Übungsfragen und Aufgaben stellen. Nie schien Lernen so effizient zu sein. Und bisher funktioniert es!
Mehr als nur ein Tool?
Natürlich studiere ich jetzt gerade mal seit vier Monaten auf diese Weise, und habe nur mit einem Bruchteil der KI-Tools gearbeitet, die mir zur Verfügung stehen. Aber, unabhängig von Hochschule, Studiengang und -form, ist der Einfluss der KI in meinen Augen täglich spürbarer. Die Tools sind eine enorme Hilfe. Sie bergen aber auch die Gefahr, dass wir Wissen mehr konsumieren, statt es uns wirklich anzueignen. Auch Prof. Dr. Molina hebt diesbezüglich hervor: „Wer sich ausschließlich auf automatisierte Zusammenfassungen verlässt, verlernt kritisches Denken und ignoriert gründliche Quellenkritik“, weshalb Reflexion im Umgang mit KI eine unerlässliche Kompetenz bleibe.
Wie sich das zukünftig entwickelt und was das für die nächsten Generationen Studierender bedeutet, ist mir persönlich noch unklar. Bisher scheint es, als würde KI alles nur erleichtern, aber ich bin mir sicher, dass das nicht immer so bleibt. Um beim Vergleich mit den Taschenrechnern zu bleiben, wird es vielleicht auch für Studierende bald wie damals in der achten Klasse: Man bekommt einen Taschenrechner als Werkzeug an die Hand, mit dem alles Bisherige einfach geht, aber die Aufgaben haben plötzlich nichts mehr mit Rechnen zu tun.
Wenn also KI alles erleichtert, wird der Einsatz von Fähigkeiten verlangt, bei denen ChatGPT und Co. nicht helfen werden. „Die Welt braucht nicht unbedingt mehr Leistungsnachweise fürs Bücherregal – erst recht, wenn diese KI-generiert sind.“, so Molina. Stattdessen seien reale Projekte und echte Problemlösungskompetenz zunehmend wichtiger. Schließlich stößt die KI laut einer Studie bei sozialen Fähigkeiten wie Empathie, Konfliktlösung oder Vernetzung an ihre Grenzen. Damit verlagert sich die menschliche Rolle zunehmend in Bereiche, die soziale und kognitive Kompetenzen erfordern, weshalb gerade diese zukünftig ausgebildet und geschult werden müssen.
Fakt ist: KI stellt seit einigen Jahren das Studieren grundlegend auf den Kopf. Sie vereinfacht Vieles, bietet einige Vorteile, fordert uns aber genauso heraus und stellt uns vor eine Vielzahl von Fragen. Deshalb sollten wir ständig bereit sein, unseren Umgang damit aktiv zu reflektieren. Am Ende ist es nicht die Technologie allein, die zählt, sondern wie wir sie verantwortungsvoll einsetzen.
Autorin: Lara Wachter schloss im Oktober 2024 ihr duales Bachelorstudium in BWL mit dem Schwerpunkt Personalmanagement ab und entschied sich, ihr Interesse für den Journalismus in Form eines weiteren Studiums beruflich zu verfolgen. Seit April 2025 ist sie als Werkstudentin in der Projektorganisation des Instituts für Talententwicklung tätig und schreibt nebenbei für das vocatium Magazin.
Quellen:
CHE Hochschuldaten: „Ein Viertel der Studierenden nutzt täglich Künstliche Intelligenz“, DatenCHECK 6/2025; online:https://hochschuldaten.che.de/kuenstliche-intelligenz-im-studium-die-sicht-von-studierenden-im-wintersemester-2024-25/
IU Internationale Hochschule: „Systea, dein persönlicher Assistent“, 2025; online: https://www.iu.de/syntea/
Netzwoche: „Workday-Umfrage – Was KI am Arbeitsplatz nicht ersetzen kann“, von René Jaun und dwi, 15.01.2025; online: https://www.netzwoche.ch/news/2025-01-15/was-ki-am-arbeitsplatz-nicht-ersetzen-kann
Finanzmarktwelt: „Ausgelöscht? Welche Berufe die KI-Revolution nicht überleben werden“, von Matthias Weik, 08.04.2025; online: https://finanzmarktwelt.de/ausgeloescht-welche-berufe-die-ki-revolution-nicht-ueberleben-werden-345334/
Interview mit Prof. Dr. Julian Molina (geführt von Lara Wachter)
12.08.2025