Benjamin Franklin wird der Aphorismus "Nur zwei Dinge auf dieser Welt sind uns sicher: Der Tod und die Steuer" zugeschrieben – doch während man nur reich genug werden muss, um letzterer zu entgehen, führt am Tode kein Weg vorbei. Dem Bestattungsgewerbe steht auch für die kommenden Jahrzehnte demographisch bedingt eine Belebung des Geschäfts bevor. Schon jetzt steigen die Umsätze kontinuierlich. Die Verbindung zwischen Handwerk, Kultur und vielseitiger Dienstleistung mache den Reiz aus, heißt es vom Branchenverband. Mindestens ein Bestatter trendet sogar auf TikTok.
(ps) Bestatter trenden auf TikTok? Dem damals 15-jährigen Luis Bauer ist das gelungen. Im Februar 2021 eröffnet er mit seinem Vater einen TikTok-Kanal für das Bestattungsunternehmen der Familie. Es geht natürlich um den Tod, aber auch um Bestattungstrends, urbane Mythen über Bestatter*innen und Bestattungen, was mit dem Körper nach dem Tod passiert und vieles mehr. Kein halbes Jahr später war der Kanal schon so erfolgreich, dass zahlreiche Medien – mit teilweise kaum verhohlenem Erstaunen – berichteten. Auch heute haben die Videos hunderttausende, bis hin zu Millionen von Aufrufen, der Kanal steht aktuell bei mehr als 1,3 Millionen Followern.
Sterben ist kein Thema – leider
"Viele suchen das Außergewöhnliche im Job", sagt der Azubi zur Bestattungsfachkraft Lennart Wehner der Sächsischen Zeitung. Tatsächlich ist "Bestatter*in" ein Beruf, bei dem die Augenbrauen öfter mal interessiert nach oben schnellen. Denn obwohl wir alle sterben werden und etwa 2.700 Menschen dies auch täglich in Deutschland tun, ist beruflicher Kontakt mit dem Tod etwas, das nicht jede*r kann. Schon das Thema selbst ist für manche ein Problem. "Aus meiner Sicht wird zu wenig über das Thema Tod gesprochen", sagt Wehner. Wenn dann ein Trauerfall einträte, seien die Menschen oft "komplett damit überfordert" und wüssten nicht, wie sie damit umgehen sollen.
Zugleich gibt es aber durchaus das Bedürfnis, über Tod und Trauer zu sprechen. Diese Erfahrung macht auch Luis Bauer bei seinen Aktivitäten in den sozialen Medien: "wir merken, dass [die Menschen] nach Informationen lechzen", sagt er dem Merkur. Daher sei es auch sein Ziel, Berührungsängste mit dem Thema abzubauen. Stephan Neuser vom Bundesverband Deutscher Bestatter sieht es ähnlich: "Wir finden es sehr wichtig, dass das Thema Tod und Trauer in den Fokus der Öffentlichkeit gerät und nicht mehr durchgehend tabuisiert wird." Dafür gebe es viele Ansatzpunkte. Die Leiterin der Schulpastoral (christliche Seelsorge in Schulen) im Bistum Mainz, Brigitte Lob, sieht auch ein Defizit an den Schulen: "das Thema Tod und Trauer sollte von der ersten Klasse an auf dem Lehrplan stehen", und zwar nicht nur im Religionsunterricht. Gegenüber dem Deutschen Schulportal betont sie, dass zudem auch in der Lehrkräfteausbildung das Thema Trauerarbeit in der Schule mehr Raum braucht. “Der Bedarf ist auf jeden Fall groß. Die Fortbildungen, die wir regelmäßig für Lehrkräfte anbieten, sind immer ausgebucht.”
"Das Gefühl, etwas Gutes zu tun"
So ungewöhnlich die Berufswahl auf den ersten Blick auch erscheinen mag – wer die Presse nach Interviews mit Bestatter*innen durchsucht, wird lauter zufriedene Menschen finden. Dem Spiegel erzählt Bestatterin Julia Fietz, wie sie ihr PR-Studium abbrach, um diesen Beruf zu ergreifen: "Ich bin jetzt sehr glücklich: Das hier ist das echte Leben, nicht irgendwas im Internet." Und Anika Brand antwortet dem Stern auf die Frage, was das Beste am Beruf sei: "Das sind vor allem zwei Dinge: Zum einen der Kontakt mit den Angehörigen, zum anderen das Gefühl, etwas Gutes zu tun."
Tatsächlich sind Bestattungen und Trauerfeiern in dieser Hinsicht viel mehr, als das bloße Beerdigen einer Leiche. Für die meisten Menschen spielen jene Rituale eine wichtige Rolle im Prozess der Trauerbewältigung. Bestatter*innen sind damit immer auch Begleiter*innen der Angehörigen in dieser wichtigen Trauerphase und tragen große Verantwortung. Wenn dann aber, erzählt Anika Brand, nach der Beerdigung die Angehörigen sagten, "dass es eine tolle Beerdigung gewesen sei", wisse sie, warum sie diesen Beruf ausübe. Etwas Besseres könne einem Bestatter nicht passieren.
Bestattungsfachkraft ist kein Allerweltsberuf – umso wichtiger ist es, sich im Vorfeld möglichst gut zu informieren und um Praktika zu bemühen. "Man soll erst einmal herausfinden, ob dieser Job etwas für einen ist", sagt auch Brand. Es sei kein einfacher Beruf. Man brauche besonders "viel Feingefühl, Empathie und das Bewusstsein, dass das, was man macht, wichtig ist." Neben Betreuung und Beratung der Hinterbliebenen gehören zu den Aufgaben auch Organisation und Durchführung der Bestattung selbst, der Trauerfeier, Verstorbenenüberführung und deren hygienische wie kosmetische Versorgung, Sargausstattung und vieles mehr. Zudem gibt es eine Reihe kaufmännischer Aufgaben im Betrieb.
Die Ausbildung – Zugang und Karriere
Die Ausbildung zur Bestattungsfachkraft dauert in der Regel drei Jahre und erfolgt dual – also parallel im Ausbildungsbetrieb und in der Berufsschule. Einen bestimmten Schulabschluss verlangt die Ausbildungsordnung nicht, doch die meisten Betriebe erwarten mindestens einen mittleren Bildungsabschluss (Realschule). Gute Noten in Religion/Ethik, Deutsch, Biologie und Wirtschaft können den Einstieg erleichtern. Besonders wichtig sind jedoch Einfühlungsvermögen, Verantwortungsbewusstsein, Organisationstalent und die Fähigkeit, auch in emotional herausfordernden Situationen Ruhe und Würde zu bewahren.
Die Ausbildungsvergütung variiert je nach Bundesland und Betrieb, liegt aber meist zwischen rund 750 und 1.100 Euro im ersten Ausbildungsjahr. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit verdienen ausgebildete Bestattungsfachkräfte im Durchschnitt etwa 2.800 bis 3.200 Euro brutto im Monat, abhängig von Erfahrung, Region und Tätigkeitsbereich.
Nach erfolgreichem Abschluss stehen zudem Weiterbildungsmöglichkeiten offen – etwa zum*zur Bestattermeister*in, Fachwirt*in für Bestattungswesen oder über ein Studium im Bereich Betriebswirtschaft oder Management im Gesundheitswesen. Auch eine Selbstständigkeit mit einem eigenen Bestattungsinstitut ist ein möglicher Karriereweg.
In den letzten Jahren kommt es zudem zu einer verstärkten Nachfrage im Bereich der Haustierbestattungen, und auch die Zahl der Tierfriedhöfe wächst. Zwar setzt diese Tätigkeit laut Bundesagentur für Arbeit keine Ausbildung zur Bestattungsfachkraft voraus, ist aber natürlich sehr hilfreich. Erste Informationen zu dieser beruflichen Richtung finden sich hier im BerufeNet.
Weitere Informationen:
BerufeNet: Bestattungsfachkraft
Bundesverband Deutscher Bestatter e.V.: Der Beruf des Bestatters
Quellen:
Bundesverband Deutscher Bestatter e.V.: Fortbildung Bestattermeister Teil I und II (m/w/d); online: https://www.bestatter.de/beruf/fortbildung/bestattermeister/bestattermeister-teil-i-und-ii/
Sächsische Zeitung: “Warum junge Menschen Bestatter werden”, dpa, 30.10.2021; online: https://www.saechsische.de/sachsen/warum-junge-menschen-bestatter-werden-5555944.html
Spiegel Online: “»Das hier ist das echte Leben, nicht irgendwas im Internet«”, Julie Fietz, 29.04.2021; online: https://www.spiegel.de/start/bestatterin-werden-julia-erzaehlt-von-ihrer-ausbildung-zur-bestattungsfachkraft-a-61369eea-1164-408b-9adb-6dd8132d0a91
TikTok: Kanal von bestattungenburger; online: https://www.tiktok.com/@bestattungenburger?lang=de-DE
Bestattungen Burger: Unternehmenshomepage; online: https://www.bestattungen-burger.de/media/tiktok.html
Merkur: “16-Jähriger will Tabu brechen und klärt auf TikTok über den Tod auf - mit riesigem Erfolg”, Katarina Amtmann, 31.10.2021; online: https://www.merkur.de/bayern/nuernberg/fuerth-luis-bauer-bestattungen-tod-tiktok-videos-erfolg-soziale-medien-tabu-news-91085013.html
Deutsches Schulportal: “„Das Thema Tod sollte von der ersten Klasse an auf dem Lehrplan stehen“”, Annette Kuhn, 12.02.2021; online: https://deutsches-schulportal.de/schule-im-umfeld/tod-und-trauer-in-der-schule-brigitte-lob/
Stern: “NEON-Traumjob: Wie wird man eigentlich... Bestatterin?”, Anika Brand, https://www.stern.de/neon/vorankommen/karriere/traumjob/traumjob---bestatterin---meine-arbeit-faengt-dann-an--wenn-andere-sterben--8554828.html
Zuletzt bearbeitet am 27.10.2025