vocatium Magazin / Wissenschaft und Politik / Zahl der Schulanfänger*innen sinkt weiter

Zahl der Schulanfänger*innen sinkt weiter

Wie steht es um den Lehrkräftemangel an Grundschulen?

Grundschulkinder bei der Gruppenarbeit (Symbolbild). Bild von Pressfoto auf Freepik. Grundschulkinder bei der Gruppenarbeit (Symbolbild). Bild von Pressfoto auf Freepik.
Beitrag teilen
Wissenschaft und Politik

Lehrkräftemangel ist ein Thema, das seit vielen Jahren die Schul- und Bildungsdebatten begleitet. Besonders an den Grundschulen mit ihren gemischten Klassen besteht ein großer Bedarf an hochqualifiziertem pädagogischen Personal.

 

(ps) Mit dem Beginn des Schuljahres 2025/26 standen in Deutschland rund 811.500 Kinder an der Schwelle zur ersten Klasse – das sind etwa 18 200 oder 2,2 Prozent weniger als im Vorjahr. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) aktuell mitteilt, ist damit zum zweiten Mal in Folge die Zahl der Abc-Schützen zurückgegangen, nachdem im vorangegangenen Schuljahr erstmals seit 2015 ein Rückgang der Einschulungszahlen dokumentiert wurde. Hauptursache ist laut Destatis einerseits die rückläufige Geburtenrate, andererseits der Rückgang der Zuwanderung junger Familien und Kinder.


Diese Entwicklung wirft zugleich Fragen nach dem Stand der personellen Ausstattung der Grundschulen auf. Denn gerade in den ersten Jahren der Schullaufbahn wird der Grundstein für späteren Bildungserfolg gelegt: In gemischten Klassen mit heterogenen Voraussetzungen – sprachlich, sozial, bildungshistorisch – kommt es darauf an, dass ausreichend und qualifiziertes pädagogisches Personal zur Verfügung steht, um Kinder individuell zu fördern und abzuholen. Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass Versäumnisse in Kindergarten und Grundschule den gesamten späteren Bildungsweg beeinflüssen können – bis hin zur beruflichen Karriere.


Jedoch kämpfen viele Grundschulen bundesweit – wenngleich regional unterschiedlich – mit einem spürbaren Mangel an Lehrkräften und multiprofessionellen pädagogischen Kräften – und ab dem Jahr 2026 soll zusätzlich noch ein Anspruch auf Grundschul-Ganztagsbetreuung eingeführt werden. Dennoch gehen Prognosen derzeit davon aus, dass sich, nicht zuletzt aufgrund der demographischen Entwicklung, die Situation ab den frühen 2030er Jahren zu entspannen beginnen könnte.


Chancen für die pädagogische Qualität


Auch eine Studie der Bertelsmann Stiftung legt nahe, dass der Lehrkräftemangel im Grundschulbereich langfristig abnehmen könnte: Demnach stünden von 2023 bis 2035 rund 96 250 fertig ausgebildete Lehrkräfte zur Verfügung, während der Bedarf auf etwas mehr als 50 000 geschätzt wird – sodass bereits ab Mitte des Jahrzehnts im Primarbereich ein Überhang denkbar sei. „Der Lehrkräftemangel in der Grundschule wird schon bald vielerorts überwunden sein“, zeigt sich Bildungsexperte Dirk Zorn, Bertelsmann Stiftung, überzeugt.


„Durch die zusätzlichen ausgebildeten Lehrkräfte besteht eine große Chance, in die pädagogische Qualität an den Grundschulen zu investieren, was aufgrund des Personalmangels lange Zeit kaum möglich war. Dieses Potenzial sollte die Politik unbedingt nutzen“, betont Zorn. Denn der Bedarf an pädagogischer Unterstützung etwa für Ganztagsbetreuung oder integrierte Fördermaßnahmen steigt. Laut Bertelsmann Stiftung sollten die zusätzlichen Lehrkräfte mittelfristig für Ganztagsschulen, Startchancen-Programme und multiprofessionelle Teams eingesetzt werden. Darüber hinaus sind auch kleinere Klassen – mit entsprechend höherem Lehrkräftebedarf – grundsätzlich immer erstrebenswert.


Die aktuellen Entwicklungen lassen jedenfalls vorsichtigen Optimismus zu, erfordern aber zugleich Weitblick. Zwar könnte der Rückgang der Einschulungszahlen perspektivisch zu einer Entlastung führen, doch die derzeitige Lage an vielen Schulen bleibt angespannt. Noch immer sind zahlreiche Stellen unbesetzt, und gerade dort, wo Kinder mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen gemeinsam lernen, ist der Bedarf an gut ausgebildeten Lehr- und Unterstützungskräften besonders hoch und auch dort, wo alle Planstellen besetzt sind, gibt es in Wirklichkeit oft zu wenig Lehrkräfte. Ein eventueller Lehrkräfteüberhang in der Zukunft sollte nicht als Problem gesehen werden, sondern als Chance für eine schulische Qualitätsoffensive. Mit Blick auf die eher mittelmäßigen Ergebnisse bei großen Bildungsstudien wie PISA ist das – gerade in einem Land ohne nennenswerte Bodenschätze, wie es bei solchen Gelegenheiten gerne heißt – dringend nötig. 

 

 

 

Quellen:


Bertelsmann Stiftung: „Der Lehrkräftemangel an Grundschulen ist bald überwunden“, PM vom 25.01.2024; online: www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-meldungen/2024/januar/der-lehrkraeftemangel-an-grundschulen-ist-bald-ueberwunden

Destatis: „Zahl der Schulanfängerinnen und -anfänger 2025 um 2,2 % gesunken“, PM Nr. 404 vom 12.11.2025; online: www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2025/11/PD25_404_211.html

Deutsches Schulportal: „Lehrermangel bleibt ein Problem – Schülerzahl wächst bis 2032“,  Florentine Anders 10.11.2025; online: deutsches-schulportal.de/bildungswesen/lehrermangel-bleibt-bundesweit-ein-problem/

 

 

13.11.2025