Ein hoher Frauenanteil in der Führungsetage, so zeigen Studien, sorgt für stabilere Unternehmen und weniger Insolvenzen. In Deutschland ist die Wirtschaft jedoch weiter fest in Männerhand.
(ps) Trotz zahlreicher Gleichstellungsprogramme und intensiver Debatten über Frauen in Führungsrollen bleibt der Anteil weiblicher Führungskräfte in Deutschland gering. Laut einer aktuellen Mitteilung des Statistischen Bundesamts (Destatis) betrug der Anteil von Frauen in Führungspositionen im Jahr 2024 lediglich 29,1 Prozent – nicht mal jede dritte Führungskraft ist also eine Frau.
Mit diesem Ergebnis steht Deutschland auch im EU-Vergleich schlecht dar: Unter den 27 Mitgliedsstaaten belegt Deutschland lediglich Platz 22; der EU-Durchschnitt liegt mit 35,2 Prozent mehr als sechs Punkte höher. Das erstplatzierte Schweden liegt mit 44,4 Prozent sogar über 15 Punkte oberhalb des deutschen Wertes. Nachbar Polen erreicht mit 41,8 Prozent den dritten Platz, und in Frankreich auf Platz 8 liegt der Wert mit 39,5 Prozent noch immer mehr als 10 Punkte über Deutschland.
Kaum Veränderung feststellbar
In Deutschland sind dabei nicht nur diese schlechten Werte an sich problematisch, sondern auch die stagnierende Entwicklung: Im Prinzip hat sich seit 1992 kaum etwas an der Situation verbessert. Damals lag der Wert bei 25,8 Prozent – das sind lediglich 3,3 Prozent weniger als heute. 2011 wurde mit 30,3 Prozent ein Höchstwert erreicht, doch schon im Folgejahr fiel der Wert wieder auf 28,6 Prozent und mäandert seither um die 29 Prozent. Am Erwerbsleben insgesamt haben Frauen dagegen einen Anteil von knapp 47 Prozent.
Ein geringerer Anteil an Frauen in Führungspositionen ist allerdings nicht nur ein Gleichstellungs-, sondern auch ein Wirtschaftsproblem: Studien zeigen, dass gemischte Führungsteams Innovationen, Anpassungsfähigkeit und langfristige Strategien fördern können. Auch sind Insolvenzen bei Unternehmen, die von einer Frau geleitet werden, seltener. Dennoch scheint sich die deutsche Wirtschaft recht wohl damit zu fühlen, kaum Frauen auf Leitungsebene einzustellen.
Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung bezeichnete diese Lage als „besorgniserregend, aber angesichts der politischen Realität in Deutschland leider nicht überraschend“, wie der Bayerische Rundfunk berichtet. WSI-Expertin Prof. Bettina Kohlrausch betont zudem: „Gegenwärtig gibt es keinerlei politische Diskussionen, geschweige denn Vorschläge, daran etwas zu ändern.“
Rolle rückwärts in Bayern
Ganz im Gegenteil: In Bayern möchte die Staatsregierung – under dem Beifall der AfD – den Gleichstellungsbericht über Frauen in Führungspositionen im öffentlichen Dienst wieder abschaffen. Das Sozialministerium in Bayern sehe laut BR die Gleichstellung als gesichert an.
Dabei sprechen die Zahlen eine andere Sprache: Im jüngsten Gleichstellungsbericht aus Bayern von 2018 (der nächste Bericht wird u.U. noch im Herbst ‘25 erscheinen) liegt der Frauenanteil in der „gesamten Staatsverwaltung (ohne Schule und ohne Polizei)“ bei lediglich 23,1 Prozent. Im Bereich Schule gibt es auf Führungspositionen zwar 57,4 Prozent Frauen, allerdings auch 72,5 Prozent Frauen, die in dem Bereich insgesamt arbeiten – und damit 15 Prozent weniger Frauen in Führungspositionen als insgesamt Beschäftigte.
Ob sich der Frauenanteil in den kommenden Jahren in Wirtschaft und Verwaltung noch merklich erhöhen wird, bleibt offen. Die aktuellen Daten machen jedoch deutlich: Der Weg zur Gleichstellung in Führungspositionen ist noch lang. Wenn Deutschland im internationalen Wettbewerb mithalten und seine Führungsetagen diverser und leistungsfähiger gestalten will, ist ein spürbarer Richtungswechsel nötig.
Quellen:
Destatis: „Teilhabe von Frauen am Erwerbsleben“, Themenseite; online: www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Arbeitsmarkt/Qualitaet-Arbeit/Dimension-1/teilhabe-frauen-erwerbsleben.html
Destatis: „Frauen in Führungspositionen“, Themenseite; online: www.destatis.de/DE/Themen/Querschnitt/Grundgesetz/frauen_fuehrungspositionen.html
Destatis: „Deutschland unter EU-Durchschnitt: Weniger als jede dritte Führungskraft ist weiblich“, PM Nr. 393 vom 03.11.2025; online: www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2025/11/PD25_393_13.html
Destatis: „Vollzeitbeschäftigte arbeiteten 2015 im Durchschnitt 40,5 Stunden pro Woche“, PM Nr. 324 vom 15.09.2016; online: www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2016/09/PD16_324_122.html
BR: „"Besorgniserregend": Frauen in Führungsetagen unterrepräsentiert“, BR24 Redaktion, 03.11.2025; online: www.br.de/nachrichten/wirtschaft/frauen-in-fuehrungspositionen-weiter-unterrepraesentiert,V1TNFxq
BR: „Bayern will seinen Gleichstellungsbericht kippen“, Caroline von Eichhorn, 28.07.2025; online: www.br.de/nachrichten/bayern/bayern-will-seinen-gleichstellungsbericht-kippen,UsDbit8
Bayerische Staatsregierung: Sechster Bericht der Bayerischen Staatsregierung über die Umsetzung des Bayerischen Gesetzes zur Gleichstellung von Frauen und Männern (Stand: 31.12.2018); online: www.stmas.bayern.de/imperia/md/content/stmas/stmas_inet/gleichstellung/bsoz208-011_gleichstellungsbericht_bf_final-ua-secured.pdf
04.11.2025