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KI im Biologieunterricht: geringer Nutzen

Kasseler Studie kann nur minimale Lernerfolge nachweisen

Können KI-Tools das Lernen verbessern? (Symbolbild) Bild von DC Studio auf Freepik. Können KI-Tools das Lernen verbessern? (Symbolbild) Bild von DC Studio auf Freepik.
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Kann ich KI? Und was kann sie?

Der Einsatz von KI wird viel diskutiert – so auch an den Schulen. Doch eine Studie der Uni Kassel kommt nun zu eher ernüchternden Ergebnissen hinsichtlich der Lernerfolge mit KI.

 

(ps) An ChatGPT und allgemein an KI führt kein Weg mehr vorbei: kaum eine Innovation hat in den letzten Jahrzehnten dermaßen fundamentale gesellschaftliche Veränderungen provoziert, insbesondere im Bildungssektor und der Berufswelt. Auch an den Schulen der Republik wird der Einsatz von KI heißt diskutiert und es läßt sich das ganze Spektrum finden: vom (versuchten) Totalverbot bis hin zur aktiven Einbindung in den Unterricht.


Doch bei dieser noch sehr jungen Technologie ist die Frage bislang ungeklärt, ob KI für den Lernerfolg der Schüler*innen wirklich nützlich ist. Befragungen zum Thema zeigen, dass auch die Schüler*innen selbst in dem Punkt gespalten sind: eine repräsentative Umfrage des Digitalverbands Bitkom zeigt, dass eine knappe Mehrheit von 53 Prozent der Schüler*innen der Meinung seien, „dass sie durch die Nutzung von KI in der Schule besser würden.“ Auf der anderen Seite befinden „48 Prozent, KI mache Schülerinnen und Schüler dumm.“


Ein weiteres interessantes Ergebnis der Befragung ist zudem, „dass ein nicht unerheblicher Teil der Schülerschaft eine KI in schulischen Belangen für besser hält als die eigenen Eltern oder auch die Lehrerinnen und Lehrer.“ So würden 31 Prozent die KI-Hilfe bei Hausaufgaben besser finden als die Hilfe der Eltern, und 23 Prozent finden, dass KI besser erklären könne als ihre Lehrer*innen.


Nun ist aber die Crux von Umfragen, dass sie subjektive Wahrnehmungen einfangen, die nicht zwingend auch die Wirklichkeit abbilden. Wissenschaftlich fundierte Untersuchungen zur Frage sind noch eher spärlich gesät. Forschende der Uni Kassel haben nun für das Fach Biologie eine kontrollierte Studie vorgelegt, in der die Qualität der Themenerarbeitung mit und ohne KI-Unterstützung untersucht wurde. So war im Rahmen der Studie die Aufgabe der Schüler*innen der Sekundarstufe II, „ihr Wissen zur Evolution zu vertiefen“. Eine Gruppe nutzte zur Recherche ChatGPT, die andere Gruppe „traditionelle Internetsuchen“.


Für die Studie wurden Vorher-, Nachher- und Follow-up-Tests durchgeführt, um den Wissensstand der Schüler*innen abzufragen. Die Vorher-Test konnten keinen signifikanten Unterschied im Wissen der Schüler*innen zum Thema Evolution feststellen, alle starteten also mit vergleichbaren Voraussetzungen.


Die Ergebnisse sind eher ernüchternd: die Forscher*innen konnten zeigen, dass die positiven Effekte von ChatGPT auf den Lernerfolg „nur minimal“ waren und statistisch praktisch nicht ins Gewicht fallen. Allerdings: „Schülerinnen und Schüler, die mit ChatGPT arbeiteten, äußerten eine höhere Bereitschaft, KI-Tools künftig regelmäßig zu nutzen – unabhängig von der tatsächlichen Leistungssteigerung.“


Was sich also zeigte, war eine veränderte Einstellung der KI-Nutzer*innen – sie hatten in den Nachbefragungen eine „positivere[] Einstellung gegenüber KI-gestützten Lernwerkzeugen“ als die KI-freie Kontrollgruppe. Was sich erstmal als harmlose Erkenntnis liest, kann laut Forscher*innen jedoch zu einer Reihe von Problemen führen: so seien die Schüler*innen kaum in der Lage, die von ChatGPT gegebenen Informationen kritisch zu evaluieren und würden dessen Aussagen oft unreflektiert vertrauen. Zudem würde die positivere Grundhaltung zu KI-Tools eine häufigere Nutzung in der Zukunft begünstigen, trotz ausbleibender oder sehr geringer Lerneffekte – laut den Kasseler Forscher*innen „ein potenzielles Risiko“, da es zu „einer unreflektierten und einseitigen Nutzung solcher Technologien“ führen kann. Die ausbleibenden Lerneffekte können dann Frust auslösen und dem gesamten Lernprozess der Schüler*innen schaden.


Die Forschenden plädieren mit ihrer Studie allerdings nicht für eine Abkehr von KI im Unterricht. „Es ist entscheidend, dass Schülerinnen und Schüler Kompetenzen im Umgang mit KI entwickeln, etwa im gezielten Formulieren von Eingaben (Prompt Engineering), um KI-Tools effektiv nutzen zu können“, so Mitautor der Studie Dr. Tim Hartelt vom Fachgebiet Didaktik der Biologie der Uni Kassel. Er wünscht sich einen „reflektierten, kritischen Einsatz solcher Tools im Unterricht“.


Insgesamt zeigt sich aber auch, dass den subjektiven Wahrnehmungen der Schüler*innen (und allgemein aller Befragten) in Umfrage-Studien nicht blind vertraut werden kann. Die Ergebnisse der eingangs erwähnten Bitkom-Befragung können in der Kasseler Studie zum Fach Biologie jedenfalls nicht unbedingt bestätigt werden – denn würden tatsächlich, wie sie es wahrnehmen, 53 Prozent der Schüler*innen „durch die Nutzung von KI in der Schule besser“ werden, sähen die Ergebnisse aus Kassel anders aus.


Sicherlich auch im Sinne der Forschenden aus Kassel ist jedoch das Fazit des Bitkom-Hauptgeschäftsführers Bernhard Rohleder: „Die derzeit diskutierten KI-Verbote gehen an den schulischen Realitäten vorbei und lassen sich im Übrigen kaum kontrollieren. Es muss umgekehrt darum gehen, den Einsatz von KI an den Schulen zu trainieren und das Verständnis für die Funktionsweise von KI zu verbessern.“

 

 

Quellen:


Universität Kassel: „KI im Biologieunterricht: Studie sieht nur geringe Lernerfolge und warnt vor Risiken“, PM vom 20.08.2025; online: https://www.uni-kassel.de/uni/aktuelles-aus-der-universitaet/meldung-startseite/2025/08/20/ki-im-biologieunterricht-studie-sieht-nur-geringe-lernerfolge-und-warnt-vor-risiken.html
 

International Journal of Science Education: „Bugbear or surefire success? Secondary school students’ conceptual learning about evolution with ChatGPT“, Helena Aptyka, Jörg Großschedl, Tim Hartelt, 27.07.2025; online: https://doi.org/10.1080/09500693.2025.2524083
 

Bitkom: „Knapp ein Viertel der Schüler macht Hausaufgaben meist mit KI“, o.A., 26.05.2025; online: www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Knappes-Viertel-Schueler-macht-Hausaufgaben-mit-KI
 

 

 

28.08.2025